Ein Jahr geht zu Ende und Nürnberg ist der Verkehrswende ein ganzes Stückchen näher gerückt. Die Gründung von „Nürnberg autofrei“ fand im Januar 2022 statt. Inspiriert hat uns der Volksentscheid Berlin autofrei – denn was Berlin kann, muss Nürnberg auch können. Im März waren wir sogar bei unseren Vorbildern in Berlin zu Besuch und bekamen wertvolle Tipps rund ums Thema autofreie Stadt. In unserer Vorstellung wollten wir am liebsten die ganze Stadt umkrempeln, den Strand unter der Straße suchen und Nürnberg komplett autofrei machen.
Wir arbeiteten das erste hoch angesetzte Maßnahmenpaket aus und wurden bei der ersten juristischen Prüfung schnell mit der bürokratischen Realität der StVO konfrontiert. Unsere Maßnahmen wurden also etwas kleiner, aber realistischer. Raus gekommen sind neun Maßnahmen, die von der Stadt direkt umgesetzt werden können -> https://autofrei-nbg.de/forderungen/ – keine Utopie also.
Die Namensgebung war die nächste Hürde – „Nürnberg autoarm“ oder „Platz für Nürnberg“ waren außer „Nürnberg autofrei“ unter den Top 10. Auch wenn das Wort „autofrei“ für die ein oder andere Provokation sorgt, erfüllt der Name dennoch seinen Zweck: er irritiert, die einen positiv, die anderen negativ. Aber er bringt Menschen dazu, zumindest kurz über das Thema „autofreie Stadt“ nachzudenken. Nachdem das Kind einen Namen hatte und die Maßnahmen wasserfest waren, ging es los mit dem Bekanntwerden-wollen. Hannah Hopp und Jan Kamensky lieferten uns die ersten visuellen Utopien in Bildern vom Frauentorgraben und Splittertorgraben und einem Video von einer Umgestaltung der Pillenreuther Straße.
37 Veranstaltungen
Inspiriert durch Katja Diehls „Autokorrektur“ veranstalteten wir zahlreiche Diskussionsrunden zu Nürnberg als autogerechter Stadt, immer geleitet von der Frage „Musst Du oder willst Du Autofahren?“. Außerdem hielt Prof. Harald Kipke mehrere Vorträge zum Thema Verkehrs- und Stadtplanung, Fußverkehr und ÖPNV.
Unsere Summerstreet am Hallertor brachte uns einen weiteren Schritt in die richtige Richtung -Nasser Ahmed sicherte zu, dass Nürnberg der „Initiative Lebenswerte Städte durch angemessene Geschwindigkeiten“ beitritt, damit flächendeckend Tempo 30 eingeführt werden kann.
Eins unserer Highlights war der Bau unseres Parklets: mithilfe des städtischen Förderungsprogramms „Möglichkeitsräume“ (Stadtplanungsamt, Stadt Nürnberg) haben wir einen Parkplatz umgestaltet! Alles begann mit der Zeichnung eines umgedrehten Autos. Dann ging es ab zum Schrottplatz und Flop kaufte kurzerhand einen grauen Suzuki. Der landete erstmal im Nordgarten, wurde auf den Kopf gestellt und mit Rollen ausgestattet.
Unser Auto wurde außen bunt bemalt und innen liebevoll mit Holz verkleidet. Sogar eine kleine Bank und ein Klapptisch fanden darin Platz. Mit vereinten Kräften schoben wir unsere „Autopie“ zum Aufseßplatz, parallel dazu regnete es so viel, wie es im letzten halben Jahr nicht geregnet hatte. Eine richtige Taufe eben.
Im September ging es dann richtig los: am Parking Day starteten wir zusammen mit zahlreichen Orgas wie Greenpeace oder Bluepingu unsere Unterschriftensammlung. Mittlerweile haben wir fast 2500 Unterschriften gesammelt – auch dank der Unterstützung durch Nürnberger Kneipen, Cafés und Läden. Falls ihr noch nicht unterschrieben habt oder volle Listen abgeben wollt, findet ihr hier eine Übersicht über alle Sammelstellen: à https://autofrei-nbg.de/unterschreiben/
Das alles funktioniert natürlich nicht ohne unsere Bündnispartner*innen (siehe https://autofrei-nbg.de/), darunter der ADFC, der uns durch seine positive Berichterstattung unterstützt, den BUND-Naturschutz, der unser Anliegen aufgegriffen hat, der VCD oder die Luise -um an dieser Stelle nur einige zu nennen.
Weiter ging´s mit spannenden Veranstaltungen wie der Podiumsdiskussion mit Vertretern von CSU, Grüne und Freie Wähler. Unsere Pressesprecherin Dora Stanić vertrat „Nürnberg autofrei“ und betonte nochmal, warum wir das alles machen: die CO2-Emissionen im Verkehrssektor müssen dringend gesenkt werden, um die Klimakrise wenigstens ein Stück weit einzudämmen. Der Verkehr nimmt als einer von fünf Sektoren, in denen laut Bundes-Klimaschutzgesetz CO2 eingespart werden muss, eine entscheidende Rolle ein, um Deutschland bis 2045 klimaneutral zu machen. Die naheliegendste Möglichkeit, dazu beizutragen, dass dieses Ziel vielleicht doch noch erreicht werden kann, liegt genau vor unserer Haustür: im Nürnberger Stadtverkehr.
Auch im neuen Jahr wollen wir uns mit Euch auf den Weg in Richtung autoreduzierte Stadt machen, in der mehr Platz für uns Menschen ist. Wir wünschen uns eine Stadt, in der wir saubere Luft zum Atmen haben und aus der wir nicht fliehen müssen, wenn wir mal Ruhe brauchen. Eine Stadt, die den autofreien Haushalten (über 30%!) ihren Anspruch auf autofreie Verkehrsflächen gewährt. Eine Stadt, in der wir uns sicher fortbewegen können, in der sich Mobilität alle leisten können und die genug Platz bietet, zum Zusammenkommen, spielen und draußen sein. Auf diese Stadt freuen wir uns schon heute.
Wir danke Euch ganz herzlich für Eure Unterstützung in den letzten Monaten und freuen uns auf weitere tolle Veranstaltungen mit Euch. Raul Krauthausen wird im Februar zu Gast sein, außerdem gibt es coole Aktionen vom Bündnis „Wir transformieren Bayern“, von dem wir Teil geworden sind und im Frühling starten wir unser Superblock-Experiment in Gostenhof!
Wir freuen uns, weiter von unseren Vorreiter*innen zu lernen und sind offen für all Eure Anregungen und kreativen Ideen!
Wir wünschen Euch ein gutes neues Jahr und hoffen, dass es endlich eins ohne Verkehrstote wird.
Bis bald,
euer Autofrei-Team