Offener Brief

An

Oberbürgermeister Marcus König

Die Stadträt*innen der Stadt Nürnberg

Wir brauchen eine echte Verkehrswende JETZT!

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister, sehr geehrte Stadträt*innen,

Mitte April 2022 haben wir angefangen, aktiv Unterschriften für unser Bürgerbegehren „Nürnberg autofrei“ zu sammeln. Nach weniger als sechs Monaten haben wir bereits 12 000 Unterschriften gesammelt, obwohl uns viele gesagt haben „Das schafft ihr nie“. Doch der Zuspruch ist groß, die Akzeptanz für „Nürnberg autofrei“ ist erstaunlich.

Nachdem 26 000 Menschen für den Radentscheid Nürnberg und letztes Jahr 100 000 für den Radentscheid Bayern unterschrieben haben, kommt der nächste klare bürgerlich-demokratische Appell: Die Verkehrswende muss jetzt kommen!

Sie kennen die Argumente: Allein neun Menschen starben 2022 im Verkehr in Nürnberg. Völlig unnötig, denn andere Städte in Europa beweisen, dass mit guter Verkehrspolitik, die Vision Zero erreichbar ist.

2019 hat die Deutsche Umwelthilfe die Stadt wegen zu schlechter Luft verklagt, 2023 stellt eine Studie der europäischen Umweltagentur heraus, dass die Stadt Nürnberg zu den drei Städten mit der schlechtesten Luft in Deutschland gehört. Vor allem Kinder leiden unter der schlechten Luft.

Dazu kommt die Nicht-Umsetzung des Mobilitätsbeschlusses: Der für die Verkehrswende so zentrale Altstadtradring wird verschoben ins Jahr 2030; nur 300 Meter Fahrradstraßen wurden im Jahr 2022 gebaut, obwohl Sie 15 Kilometer pro Jahr angekündigt haben. Die schon gebauten Fahrradstraßen sind zudem weiterhin mit Autos voll geparkt, sodass sicheres Rad fahren auch hier nicht möglich ist. Richtige Fahrradstraßen sind autoreduziert! Der Fußgängerfreundliche Modellstadtteil wurde ein Jahr zu spät, nicht wie vereinbart 2021, sondern erst 2022 ausgewählt. Die Liste lässt sich noch weiterführen.

Die Stadtregierung hat die Verpflichtung, endlich den CO2 Ausstoß auch im Verkehr innerhalb der Stadt zu verringern. Noch nie gab es so viele Klimakatstrophen wie im Jahr 2023. Ein Jahr voller Waldbrände, Dürren, Sturzfluten und weiteren Umweltkatastrohen. Auch Nürnberg trifft die neue Klimarealität. Etwa 80.000 dem Vertrocknen geweihten Bäumen in Nürnberg stehen etwa 300.000 Autos gegenüber. Am 17. August erschütterte die Stadt heftiges Unwetter.

Die Nürnberger*innen mussten im Sommer abermals unter extremer Hitze leiden, vor allem in den Stadtteilen mit wenig Grün, viel Beton und unzähligen Autos, die den öffentlichen Raum aufheizten. Allein in Deutschland gab es 3000 Hitzetote diesen Sommer.

Der Umbau der Stadt ist unausweichlich. Einige Städte haben damit bereits vor Jahren begonnen, andere sind dabei zu folgen. PKW-Fahrspuren müssen in Radwege umgewandelt werden, und es gilt, dem Konflikt um eine gerechte und zukunftsfähige Flächenverteilung nicht aus dem Weg zu gehen. Schließlich wissen auch Sie, dass Autos die Stadt aufheizen und wir mehr Platz für Bäume und Grünflächen brauchen, damit diese Stadt lebenswert bleibt.

Nutzen Sie die Macht und Motivationskraft Ihres Amtes und Ihrer Parteimitgliedschaft, diese Stadt menschenfreundlicher zu gestalten! In eine Stadt ohne Verkehrstote, in der Kinder sich frei bewegen können und in der alte Menschen vor Hitze geschützt werden.

Wir werden weiter Unterschriften sammeln, die Zivilgesellschaft mobilisieren und so den Druck aus der Bevölkerung sichtbar machen. Solange, bis Sie sich als Oberbürgermeister und angesehenes Parteimitglied klar dazu positionieren, endlich eine Verkehrspolitik für ALLE Menschen in Nürnberg zu machen und dafür den Autoverkehr deutlich zu reduzieren.

Die Verkehrswende kann nur gelingen, wenn sie Herr Oberbürgermeister König, sich klar zu ihr bekennen und so ihrer Verwaltung die nötige Rückendeckung für die Umsetzung geben. In verschiedenen deutschen Städten, wie beispielsweise Bonn, Hannover oder Leipzig zeigen mutige Oberbürgermeister*innen was für Städte in Deutschland heute schon möglich ist. Burkhardt Jung, Vizepräsident des Deutschen Städtetags und Oberbürgermeister der Stadt Leipzig hat sich klar zur Verkehrswende bekannt. Am 17.05.2023 sagte er im Leipziger Stadtrat: „Wir müssen den öffentlichen Raum den Zufußgehenden, den Jungen und den Älteren, den Familien, den Menschen mit und ohne Behinderung weitgehend zurückgeben. Der öffentliche Raum, der Straßenraum, die Plätze, die Freifläche sind Lebensraum für Menschen. Öffentliche Plätze sind zu kostbar, um sie zuzuparken oder ausschließlich im motorisierten Verkehr zu verwenden. Die lebenswerte Stadt der Zukunft ist die menschenzentrierte Stadt.“

Von den Stadträt*innen und vor allem von Ihnen Herr Oberbürgermeister König erwarten wir, Ihren Kollegen*innen aus Leipzig zu folgen, sich klar zur Verkehrswende zu bekennen und Sie mit aller Kraft voranzutreiben!

Erwartungs- und Hoffnungsvoll

Das Nürnberg autofrei Team

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